Fini 35 im Test: Luft- und Raumfahrttechnik für einen außergewöhnlichen Maxi-RIB
Der Fini 35 ist weit mehr als ein neuer Maxi-RIB: Er ist der greifbare Ausdruck einer Bauphilosophie, die aus der Luft- und Raumfahrt stammt und kompromisslos auf den Bootsbau übertragen wurde. Komfort, Leistung und Handling während des Tests machen dieses Schlauchboot zu einem echten Unikat auf dem Markt.
Ein Boot wie den Fini 35 sieht man nicht alle Tage. Es ist das erste Modell der Werft Fini Marine, bei dem sich Design, Technologie und Performance zu einem außergewöhnlichen Gesamtpaket vereinen. Getestet wurde es bei anspruchsvollen Bedingungen vor dem MOSE-Sperrwerk in Venedig – ideal, um die Qualität eines Rumpfes zu beurteilen, der unsere volle Zustimmung erhält.

Ein RIB mit Luft- und Raumfahrttechnologie
Der Fini 35 entstand aus der Vision eines Unternehmens mit über 25 Jahren Erfahrung in der Luft- und Raumfahrt, das sich auf die Fertigung von Strukturkomponenten aus Prepreg-Carbon spezialisiert hat. Dieses Know-how wurde in den nautischen Bereich übertragen, mit dem Ergebnis eines vollständig aus Hochleistungskompositen gefertigten RIBs. Rumpf, Deck, T-Top sowie Bug- und Heckstützen bestehen aus vorimprägniertem Carbon, laminiert auf Carbonformen und ausgehärtet im Autoklaven bei 120°C – ein Verfahren, das selbst im Rennbootsport selten anzutreffen ist.
Produziert wird unter Reinraumbedingungen im Werk in Castelliri (FR), wo Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Druck permanent überwacht werden. Das Resultat ist eine hochverdichtete, leichte Struktur, frei von Delaminationen oder Osmose, und etwa 20–25 % leichter als ein vergleichbarer GFK-RIB.
Auch ökologisch ist das Verfahren fortschrittlich: Da das Harz bereits im Prepreg enthalten ist, entfallen gesundheits- und umweltschädliche Styrolemissionen.

Gewicht, Effizienz und Leistung
Das getestete Modell war kein Rennboot, sondern eine voll ausgestattete Version mit zwei Volvo Penta V8 Aquamatic-Motoren (je 300 PS), bei einem Leergewicht von nur 3.580 kg. Trotz umfangreicher Ausstattung – inklusive Klimaanlage, zwei Außen- und einem Innenkühlschrank – bleibt das Gewicht bemerkenswert niedrig. Die Gesamtlänge beträgt 9,99 Meter. Eine Version mit Außenbordern ist ebenfalls in Planung: zwei Mercury V10 Verado mit je 350 PS, auf einem Bracket montiert, mit sportlichem Carbon-Look statt der eleganten grauen Lackierung der "Luxury"-Version.
Bei unserem Test war das Boot mit 400 Litern Kraftstoff, 120 Litern Wasser und vier Personen an Bord unterwegs – bei Seegang 4 mit bis zu zwei Meter hohen Wellen und 20 Knoten Nordostwind. Die Höchstgeschwindigkeit von über 44 Knoten wurde unter diesen Bedingungen zwar nicht erreicht, doch der von Ceccarelli Yacht Design entwickelte Rumpf – optimiert durch CFD-Simulationen – überzeugte durch Stabilität und ausgewogene Gewichtsverteilung.

Fahrverhalten: Kontrolle, Sicherheit und Komfort
Am Steuer vermittelt der Fini 35 ein hohes Maß an Kontrolle und Sicherheit, gestützt durch die strukturelle Festigkeit des Aufbaus. Die Wellenaufnahme ist hervorragend, dank V-Rumpf mit variabler Geometrie und einem Heckwinkel von 19°. Keine Schläge, keine Vibrationen, keine Resonanzen. Bei 24 Knoten führte das Boot eine 360°-Kehre in etwa vier Bootslängen durch, blieb dabei stabil und kehrte schnell in seine optimale Lage zurück – unterstützt durch das automatische Trimm-System, das dem Steuermann volle Konzentration auf die Navigation erlaubt. Die Gischt bleibt dabei stets niedrig und sauber.

Leistung Fini 35 (gemessen beim Test)
Drehzahl (U/min) Geschwindigkeit (kn) Verbrauch (l/h)
1.000 4 10
1.500 6,7 15
2.000 8,5 23
2.500 12,5 (planata) 34
3.000 19 46
3.500 23,5 63
4.000 28 76
4.500 32 100
Die Gleitfahrt setzt bereits bei 2.500 U/min und 12,5 Knoten ein. Die optimale Reisegeschwindigkeit lag – gemessen an den Wetterbedingungen – bei 3.000 bis 3.500 U/min, mit Geschwindigkeiten zwischen 19 und 23,5 Knoten und moderatem Verbrauch.

Layout und Ausstattung
Das Außendesign entspricht dem typischen Maxi-RIB: ein flaches Bug-Sonnendeck über dem erhöhten Aufbau, eine Mittelkonsole mit integrierter Kombüse, T-Top mit Tragprofil in Flügelform sowie eine große Heck-Dinette, die sich in ein zusätzliches Sonnendeck verwandeln lässt. Optional ist eine Verlängerung des T-Tops mit Sonnensegel möglich.
Am Heck befindet sich eine großzügige Badeplattform, deren Fläche durch seitliche Klappelemente erweiterbar ist. Klappbare Badeleiter und Dusche sind ebenfalls vorhanden.
Auffällig ist das integrierte Cockpit mit großem, monolithischem Plexiglas-Windschutz. Die kantige Linienführung ist ein Markenzeichen des Studio Ceccarelli, bekannt aus früheren Segel- und Motoryachtprojekten. Das Steuerstand ist nach Steuerbord versetzt, mit Dreier-Sitzbank und Armaturenbrett mittlerer Größe, dominiert von der Volvo-Penta-Instrumentierung inklusive Joystick.

Einziger Kritikpunkt – wohl ein „Kinderkrankheit“ des Prototyps – ist der Mangel an Handläufen im Bereich der Mittelkonsole. Besonders bei rauer See macht sich dies bemerkbar.
Unter Deck: Weekender-Klasse
Der Innenraum bietet ein klassisches Weekender-Layout mit ausreichend Volumen, einer Doppelkoje im Vorschiff und einem separaten Badezimmer mit WC, Waschbecken und Dusche.
Das getestete Modell war eine voll ausgestattete Version. Alternativ wird auch eine sportliche Variante angeboten, mit freier Konfiguration von Farben, Polstern, Systemen und mit oder ohne T-Top. Alles wird im eigenen Haus gefertigt – mit derselben Sorgfalt und Technologie wie die tragenden Komponenten.
Werft Fini Marine
Die Produktionsstätte des Fini 35 umfasst 6.000 m² und kann auf 11.000 m² erweitert werden. Ziel sind 2 bis 3 Einheiten pro Monat – ein realistischer Wert angesichts einer bereits etablierten, effizienten Fertigungslinie mit hohem Qualitätsanspruch.
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