Vasco Buonpensiere, Mitbegründer und CEO von Cantiere delle Marche
Buonpensiere (CdM): „Für die neue Generation von Eignern liegt die eigentliche Herausforderung in den Dienstleistungen an Land“
Riccardo Masnata traf für PressMare Vasco Buonpensiere, Mitbegründer und CEO von Cantiere delle Marche, um über Design, Markt und die Wünsche der neuen „Milliardärs“-Eigner in Bezug auf Yachten zu sprechen.
PressMare – Beginnen wir mit dem Design: Cantiere delle Marche kann als „Nischenwerft“ bezeichnet werden, die ihren typischen Eigner klar definiert hat. Im Explorer-Segment, in dem Sie Marktführer sind, wie wichtig ist das Design? Ist es ein entscheidendes Kriterium für den Eigner?
Vasco Buonpensiere – Wir waren in gewisser Weise Pioniere eines neuen Konzepts. Früher war der Explorer eine Bootskategorie, die aus der Handelsschifffahrt stammte – ein umgebauter Schlepper, wie unsere ersten Darwin-Yachten. Wir haben dann gezeigt, dass sich das Explorer-Konzept vielmehr auf die Bauweise und die Fähigkeiten des Schiffes bezieht. Es muss nicht wie ein anderes Boot aussehen: es ist ein Explorer. Mit der Nauta-Air-Linie haben wir erstmals bewiesen, dass man mit einer 30-Meter-Yacht um die Welt fahren kann, ohne dass sie wie ein Arbeitsschiff wirkt.
PM – Also ein Perspektivwechsel.
VB – Genau. Dadurch hat sich ein neuer Markt geöffnet: Eigner, die um die Welt segeln wollten, ein unzerstörbares, zuverlässiges Schiff suchten, es aber nicht kauften, weil es optisch nicht attraktiv war. Als wir erklärten, dass ein Explorer auch ästhetisch hochwertig sein kann, entstand ein völlig neues Marktsegment. So entwickelten wir die RJ-Linie mit Francesco Paszkowski und zuletzt die 45-Meter-Yacht Tremenda von Giorgio Maria Cassetta: Yachten mit starkem Design und Linien, die weit entfernt vom „Arbeitsschiff-Look“ sind.
PM – Und die Innenräume?
VB – Der gleiche Trend. Heute arbeiten wir mit Winch Design, Terence Dinsdale und Achille Salvagni zusammen – einige der renommiertesten Designer weltweit. Ein Explorer ist nicht mehr nur für „harte Abenteurer“. Die treffendste Definition ist: Der Explorer ist ein Symbol der Freiheit. Mit einem Explorer entscheidest du, was du tun willst; mit einer White Yacht bestimmt das Schiff, wie deine Reise aussieht.
PM – Letztes Jahr haben Sie mit 12 Verkäufen ein Rekordjahr erzielt. Ist das auch dieses Jahr möglich?
VB – Nein, das denke ich nicht. Unser Auftragsbuch ist bereits für viele Jahre ausgebucht.
PM – Bis wann sind die Slots belegt?
VB – Wir verkaufen derzeit bereits für 2029. Das verlangsamt zwangsläufig den Verkauf. Besonders Käufer kleinerer Yachten wollen keine vier Jahre warten. Zudem bieten einige Werften inzwischen „Spec-Builds“ zu aggressiveren Preisen an. Daher erwarte ich eine Abschwächung, obwohl die Nachfrage weiterhin sehr hoch bleibt.
PM – Wie ändern sich die Wünsche, insbesondere bei den neuen Milliardären, vor allem Amerikanern?
VB – Alle haben eine Gemeinsamkeit: Die Yacht muss ihnen ermöglichen, zu trainieren und einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Früher standen Genuss, Essen und Trinken im Vordergrund; heute wünschen sich die Eigner Bereiche für Yoga, Sauna, Eisbäder usw. Sport und Meditation gehören zu ihrer Routine.
Der zweite Aspekt ist die Möglichkeit, die Yacht als Basis für exklusive Landaktivitäten zu nutzen. Deshalb haben wir ein integriertes Konzept entwickelt: ein Paket von Landservices, das Enduro-Motorräder, Mountainbikes, Skifahren und andere Premium-Erlebnisse umfasst – Aktivitäten, die spezielles Equipment erfordern, das an Bord keinen Platz hat.
PM – Thema Nachhaltigkeit, in der Werft und an Bord. Wie gehen Sie damit um?
VB – Nachhaltigkeit ist großartig – wenn man sie sich leisten kann. Es gibt eine neue Berufsfigur, den „Sustainable Material Manager“, der sicherstellt, dass jede Komponente ethisch produziert und recycelbar ist. Jedes Material erhält ein Datenblatt über seine Herkunft, sodass der Eigner entscheiden kann. Dieser Manager kann Berater des Designers oder des Eigners sein und benötigt tiefgehende Materialkenntnisse.
PM – Aber das erhöht die Kosten für den Eigner.
VB – Ja, aber es geht nicht nur um Materialien, sondern auch um Prozesse. Zum Beispiel Klebstoffe: Ihre Verarbeitung erfordert Techniken, die viele Werften oder Subunternehmer noch nie angewendet haben. Nachhaltigkeit bedeutet also auch Prozessänderungen.
PM – Planen Sie angesichts des vollen Orderbuchs, Ihre Produktionsstätten zu erweitern?
VB – Nein. Wir haben kürzlich ein Gelände im Hafen von Ancona erworben, aber das genügt vorerst. Auch wenn die Nachfrage eine Erweiterung nahelegt, um schneller liefern zu können – wir würden an Qualität verlieren.
PM – Sie setzen also weiterhin auf kontrolliertes Wachstum.
VB – Richtig. Wir sagen immer: Wir wollen nicht größer werden, wir wollen besser werden. Wenn wir besser werden, ist der Kunde bereit, mehr zu zahlen. Und so erzielen wir denselben Gewinn, den wir mit einer höheren Stückzahl erreicht hätten – nur nachhaltiger.
Riccardo Masnata
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