Motoryacht-Trends 2019 - Evolution & Revolution

15/01/2019 - 12:11 in Editorial by Boot Dusseldorf

Evolution und Revolution. Das, was Michael Frauscher jüngst als Entwicklungs-Leitplanken für seine eigenen Modelle versprach, könnte auch auf andere neue Motorbootmodelle zutreffen. Allerdings, um Michael Frauscher gerecht zu werden, ist der österreichische Bootsbauer (Halle 6, Stand A05) beim Thema innovativer Bootsbau schon seit Jahren immer mit vorneweg.

Für 2019 hat die österreichische Werft gleich drei neue Modelle angekündigt. Die Frauscher 1017 GT Air ist das erste davon und feiert auf der boot ihre Weltpremiere. Es bietet noch mehr Platz an Bord als das entsprechende Kabinen-Modell 1017 GT, dazu raffinierte Details, aber die gleichen herausragenden Fahreigenschaften – der Rumpf bleibt identisch. „Wir sehen uns als die Ingenieure der Emotionen“, sagt Michael Frauscher. „In unserer Produktentwicklung konzentrieren wir uns gleichermaßen auf technische Innovationen wie auf das Design.“

Einen Weltrekord gab es in diesem Sommer bei Say Yachts (Halle 5 Stand D 46), mit der Say 29E Runabout Carbon. Ein Kohlefaser-Schnellboot mit E-Antrieb und das anerkanntermaßen derzeit schnellste der Welt obendrein (in der Klasse von acht bis zehn Meter Länge). 48 Knoten schafft das in der Wasserlinie extrem schmale Boot im Schnitt über mehrere Läufe durch die Teststrecke, das sind 89 km/h. Und das dank des Rumpfkonzeptes als „Wavecutter“ mit äußerst angenehmen Fahreigenschaften selbst bei Höchstgeschwindigkeit im „Insane-Modus“. Das dann allerdings nur für etwa 30 Sekunden. Wer die Höchstgeschwindigkeit wenigstens etwas länger auskosten möchte, kann auch die mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren ausgestattete Variante wählen. Was beiden Versionen gemein ist: Der bemerkenswerte Rumpf, vollkommen aus Carbon, sowie die Ausstattung und das Design, beide dazu passend ganz minimalistisch.

Say Yachten sind ein gutes Beispiel dafür, wie sich schnelle, moderne Tender oder auch Utility-Boats, also Gebrauchsboote, immer weiterentwickeln, bis sie eine eigene Kategorie darstellen: Schnelle, teils auch schon luxuriöse Schnellboote für den Tagesausflug oder das Wochenende auf dem Wasser. Wobei Say sehr konsequent auf Speed und Design, weniger auf Luxus im herkömmlichen Sinn setzt.

Ein anderes Beispiel für ein modernes Speedboat zum gesehen werden ist die Invictus 320 GT (Halle 4, Stand B57). Auffällig ist natürlich erst einmal das markante Design mit einem unverwechselbaren Bug und geraden Bordwänden. Das schafft aber auch Volumen im Inneren des Rumpfes, der denn auch, ganz anders als bei Say, schon fast wohnlich ausgebaut ist – auch wenn sich das Leben hier vornehmlich draußen abspielt, in der Alfresco-Küche mit Grill, der Wetbar oder der Sitzecke. Beim Speed allerdings sieht der Invictus-Pilot nur noch die Hecksee der Say. Je nach Motorisierung bringen maximal 700 PS die Invictus auf eine Reisegeschwindigkeit von höchstens 29 Knoten.

Schnelle Tender, auch wenn sie vielleicht schon gar keine mehr sind, sondern eben doch wieder moderne Runabouts, sind jedenfalls seit zwei Jahren etwa schon der große Trend bei den Motorbooten. Aber auch bei richtigen Cruisern oder Familienbooten sind überwiegend Speed und starkes Design gefragt.

In diesem Sinne kommen jetzt beispielsweise sogar die einst so braven Außenborderboote der Merry Fisher Serie von Jeanneau ziemlich aufgepeppt daher. Das ganz neu gestylte Topmodell Merry Fisher 1095 ist in Halle 5, Stand E22 zu sehen. Optisch prägend sind hier große Fensterbänder in den Rumpfseiten und ein Decksalon-Aufbau, was den Charakter des Bootes als Familienkreuzer unterstreicht. Die Motorisierung mit zwei Außenbordern (maximal zweimal 300 PS) schafft zusätzlich Raum an Bord – ein mutiges wie logisches Konzept bei einem Boot um die zehn Meter Länge. An und unter Deck (zwei oder drei Doppelkabinen) ist vieles untergebracht, dank des luftigen Designs im Loft-Stil fühlt sich der Lebensraum aber nirgends beengt an.

Bei all diesen modernen Trends mag es für den einen oder anderen Motorbootfan geradezu beruhigend sein, dass auch die großen Klassiker weiterhin am Markt sind, dass sie sich treu bleiben und ihre Boote behutsam erneuern. Bei den Runabouts wären dies natürlich die schönen Holzklassiker der Schweizer Boesch-Werft (Halle 5, Stand A19), bei den genannten Utility Boats dagegen der Boston Whaler – dieser Name ist ja fast schon zu einem Synonym für das Arbeitsboot schlechthin geworden. Nun gibt es das Remake dieses Klassikers, mit der Boston Whaler 170 Montauk (Halle 9, Stand A60). Mit dem typischen, flachbordigen Pontonrumpf optisch unverändert, hat dieses Boot dennoch einige technische Neuerungen wie beispielsweise, das ist das Auffälligste, einer Badeplattform.

Was der Boston Whaler bei den Angel- und Arbeitsbooten ist, dürfte Grand Banks bei den klassischen Trawleryachten sein. Mit der knapp 20 Meter langen Grand Banks 60 (Halle 17, Stand C42) bietet nun auch diese Traditionsmarke einen wirklichen Liveaboard-Cruiser an. Auch hier bleibt das Schiff optisch unverkennbar der Marke treu, denn die wichtigste Innovation ist unsichtbar: Die Rümpfe werden im Vakuum-Infusions-Verfahren mit Carbon-Verstärkungen laminiert. Die damit verbundene Gewichtsersparnis wirkt sich positiv auf Geschwindigkeit oder, je nach Fahrweise, Reichweite aus. So sollen bis zu 36 Knoten Speed möglich sein, was für einen robusten Trawler ja schon regelrecht unerhört ist, oder aber eine maximale Reichweite von 2500 Seemeilen, dann aber bei gemächlichen zehn Knoten Marschfahrt.

Doch trotz solcher „Leuchtturm-Marken“ ist ganz deutlich zu sehen, dass modernes Design und zeitgemäße Technik immer mehr im Motorboot-Mainstream ankommen. Dazu gehört auch, dass E-Antriebe immer öfter eingesetzt werden.

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